31. Oktober 2025

BLVN fordert Konsequenzen

Alarmierende Ergebnisse für Niedersachsen im IQB-Bildungstrend 2024

Niedersachsen schneidet im IQB-Bildungstrend 2024 erneut sehr schlecht ab und liegt im Ländervergleich in allen untersuchten Kompetenzbereichen (Mathematik, Biologie, Chemie, Physik) auf einem der hinteren Plätze.

Diese Entwicklung betrifft auch den berufsbildenden Bereich, da viele Jugendliche den Anforderungen der dualen Ausbildung nicht gewachsen sind. Ein genauer Blick auf die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends 2024 bestätigt bereits bekannte Problemmuster. Besonders deutlich wird dies im Fach Mathematik: In Niedersachsen erreichen 37,1 % der Schülerinnen und Schüler nicht den von der Kultusministerkonferenz definierten Mindeststandard für einen mittleren Schulabschluss – bundesweit liegt dieser Anteil bei 34,1 %. Diese Zahlen verdeutlichen die anhaltenden Herausforderungen im Bereich der mathematischen Grundbildung.

Besonders problematisch ist das geringe Interesse der Schülerschaft an den naturwissenschaftlichen Fächern Mathematik, Biologie, Chemie und Physik: Jede zweite Schülerin bzw. jeder zweite Schüler zeigt laut Studie nur ein niedriges Interesse an diesen Fächern. Darüber hinaus erreichen Klassen, die von fachfremden Lehrkräften unterrichtet werden, im Durchschnitt geringere Kompetenzniveaus. Der Bildungserfolg hängt stark vom sozioökonomischen Status und dem kulturellen Kapital der Schülerinnen und Schüler ab. Auch der Zuwanderungshintergrund spielt eine zentrale Rolle: Jugendliche mit Zuwanderungsgeschichte schneiden deutlich schlechter ab als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ohne diesen Hintergrund – häufig kumulieren hier soziale Benachteiligung und geringes kulturelles Kapital.

Ein positiver Befund des IQB-Bildungstrends 2024 ist, dass viele Neuntklässler nur selten psychosoziale Auffälligkeiten zeigen, über ausgeprägte soziale Kompetenzen verfügen und eine starke Verbundenheit mit ihrer Schule empfinden. Allerdings ist bei diesen Indikatoren eine leicht rückläufige Entwicklung zu beobachten, was Anlass zur Aufmerksamkeit gibt. Auch die befragten Lehrkräfte äußern eine hohe Zufriedenheit mit ihrer Berufswahl und zeigen großen Enthusiasmus für das Unterrichten. Diese positiven Ressourcen sollten gezielt gestärkt und in bildungspolitische Maßnahmen einbezogen werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Welche konkreten Schlussfolgerungen sollte das Kultusministerium aus dem IQB-Bildungstrend ziehen?

Schlussfolgerungen und Forderungen an das Kultusministerium durch den BLVN

1. Schwerpunktorientierte, evidenzbasierte Bildungspolitik

o   Regelmäßige, wissenschaftlich fundierte Studien durch das Kultusministerium initiieren

o   Bildungspolitik datenbasiert steuern: Ziele setzen, Maßnahmen ableiten, Ergebnisse evaluieren

2. Sprachförderung intensivieren

o   Massive Förderung von Kindern und Jugendlichen mit geringen Sprachkenntnissen

3. Fachfremden Unterricht vermeiden

o   Qualitativ hochwertige Lehrkräfteausbildung sicherstellen

o   Personalplanung verbessern, um Unterricht durch Fachlehrkräfte zu garantieren

4. Unterrichtsversorgung verbessern

o   Erhöhung der Unterrichtsversorgung im Primar- und Sekundarbereich I

o   Lehrkräftemangel aktiv bekämpfen durch bessere Arbeitsbedingungen und gezielte Nachwuchsförderung

Hintergrund
Der IQB-Bildungstrend wird seit 2012 alle sechs Jahre länderübergreifend in Deutschland durchgeführt. Ziel der Studie ist es, die von der Kultusministerkonferenz (KMK) definierten Kompetenzziele der Schülerinnen und Schüler zu überprüfen. In der aktuellen Erhebung wurden am Ende des Schuljahres die Leistungen der 9. Jahrgangsstufe in den Fächern Mathematik, Biologie, Chemie und Physik untersucht. Die Studie basiert auf Daten von 48.279 Schülerinnen und Schülern aus insgesamt 1.556 Schulen. Im Mittelpunkt stehen zwei zentrale Aspekte: das Erreichen der KMK-Mindeststandards sowie der Vergleich mit den Ergebnissen früherer Studien (2012 und 2018). Darüber hinaus wird analysiert, wie sich die Kompetenzen in Abhängigkeit von Hintergrundmerkmalen wie Geschlecht, sozialer Herkunft und Zuwanderungshintergrund entwickeln. Ein zentrales Ziel der deutschen Bildungspolitik bleibt es, ungleiche Ausgangsvoraussetzungen zu verringern und Chancengleichheit zu fördern.

Sven Höflich (s.hoeflich@blv-nds.de)